Megatrend Tokenisierung – Welche Vorteile bieten sich für Anleger?

Um das Potenzial und die Vorteile der Tokenisierung besser zu verstehen, lassen Sie uns gemeinsam einen Blick in die Zukunft wagen:

Wir schreiben das Jahr 2028: Stellen Sie sich vor, Sie verbringen gerade einen wunderbaren Strandurlaub im sonnigen Costa Rica. Ihren Piña Colada, der Ihnen gerade serviert wird, bezahlen Sie in der Kryptowährung Ether, deren Kurs seit heute Morgen nach oben geschossen ist. Dazu zücken Sie Ihr schwedisches Eco-Phone X3, öffnen Ihre Wallet-App, scannen den QR-Code und bestätigen mit einem Klick den Bezahlvorgang. Nur wenige Sekunden später ist das Geld auf der Wallet der Kellnerin eingegangen, die sich daraufhin mit einem freundlichen „Pura Vida“ bedankt. Ihre Unterkunft am „Playa de Limon“ hatten Sie gestern, wie von der Eigentümerin bevorzugt, in digitalem Silber bezahlt. Die Yoga-Stunde am Nachmittag beabsichtigen Sie mit ihren restlichen Stablecoins auf den US-Dollar zu bezahlen. Ihr Rückflug-Ticket werden Sie wahrscheinlich, je nach Kurs, mit einem Ihrer Aktien-Token bezahlen. Alternativ zeigt die Wallet auf Ihrem Handy auch noch Token diverser Immobilien an – die Mieteinnahmen bekommen Sie, entsprechend ihrer Eigentumsanteile, automatisiert einmal pro Woche auf Ihre Wallet ausbezahlt. Außerdem sind in Ihrer Wallet auch noch der Token eines Oldtimers sowie Token-Anteile verschiedener Whiskey-Flaschen aufgelistet. Diese möchten Sie aber langfristig dort aufbewahren, da Sie sich in den kommenden Jahren deutliche Wertsteigerungen versprechen.

Könnte so unser Geld von Morgen aussehen? Eine neue Geld-Vielfalt, die sich nicht mehr vornehmlich auf staatliche Währungen reduziert? Geld, dem wieder echte, reale Vermögenswerte gegenüber stehen? (so wie es in der Geldgeschichte übrigens fast immer der Fall war). Geld, dessen Gesamtmenge, sich nicht von einer Zentralinstanz beliebig vermehren lässt? Ein freier Markt für Geld, bei dem die Markteilnehmer dasjenige Geld nachfragen und verwenden können, welches ihren Bedürfnissen am ehesten entspricht?

Was auf den ersten Blick vielleicht noch befremdlich klingen mag, könnte schon in naher Zukunft Realität werden: Denn wer genau hinsieht, erkennt, dass viele Trends auf ein solches Szenario hinauslaufen. Die technologischen Voraussetzungen wurden bereits geschaffen: Die Gamechanger lauten Blockchain & Tokenisierung. Diese raffinierte Kombination ermöglicht es erstmals, digitale Vermögenswerte, wie z.B. Gold oder Silber einfach und problemlos auf dem Smartphone zu speichern, zu handeln und direkt an Dritte zu versenden – ohne dass dafür ein Bankkonto oder ein Depot bei einem Broker benötigt wird. Und mehr noch: Durch den Einsatz von Debit-Karten, die direkt mit der e-Wallet auf dem Handy verknüpft sind, können theoretisch allen Arten von Vermögenswerten für direkte Zahlungszwecke eingesetzt werden – sie werden also sprichwörtlich zu „Geld“.

Während also die Blockchain das technologische Rückgrat bildet, ist die voranschreitende Tokenisierung der Treiber für die Entstehung ganz neuer Geldformen, die sich parallel zu unseren staatlichen Währungen etablieren und mit diesen sogar in einen Wettbewerb treten dürften. Mit „Geldformen“ sind natürlich keine substanzlosen „Memecoins“ wie „Dogecoin“, „Pepe“ oder andere kurzfristig gehypte Kryptowährungen gemeint. Die Rede ist von limitierten Sachwerten wie Edelmetalle, Aktien, Immobilien, Rohstoffe oder strategische Metalle – also Ressourcen, die einen reellen Nutzen mit sich bringen und daraus ihren inneren, „intrinsischen“ Wert ableiten. Die Tokenisierung ermöglicht es, dass all diese Vermögenswerte bzw. deren digitale Abbilder manipulationssicher auf der Blockchain dargestellt und gehandelt werden können.

In den vergangenen Jahren hat besonders die Ethereum Blockchain einen regelrechten Tokeniserungsschub ausgelöst. Dieser hat dazu geführt, dass inzwischen eine ganz Reihe von Plattformen entstanden sind, über die Privatanleger heute ganz einfach in tokenisierte Vermögenswerte, wie Immobilien, Aktien, Kunstwerke – um nur einige zu nennen – investieren können. Doch welche konkreten Vorteile ergeben sich nun für Anleger und warum kann es sich lohnen, diese Art der innovativen Geldanlage seinem Portfolio beizumischen?

Blockchain versus Bankensystem – zwei völlig unterschiedliche Systeme

Da tokenisierte Vermögenswerte auf der Blockchain-Technologie aufbauen, sind ihre Vorteile sehr eng mit jenen der Blockchain verbunden. Daher müssen wir uns zunächst etwas genauer mit dieser Technologie auseinander setzen: Wichtig dabei ist es zu wissen, dass die Blockchain auf einem fundamental anderen Prinzip basiert, als unser traditionelles Bankensystem: Während unser Bankensystem zentralistisch organisiert ist und Transaktionen von mehreren zentralen Parteien, so genannten Intermediären, wie Banken, Devisenhändlern oder Zahlungsdienstleistern abgewickelt werden, sind Blockchain-Netzwerke, zumindest von ihrem Selbstverständnis her, dezentral organisiert. Das bedeutet, dass Transaktionen nicht von einer zentralen Instanz kontrolliert und überwacht werden, sondern von einem Netzwerk von Computern, die alle miteinander verbunden (=”Nodes”). Die Nodes überprüfen die Gültigkeit der Transaktion anhand vordefinierter Regeln und bestimmter Konsensmechanismen. In dezentralen Systemen gibt es also keine zentrale Instanz, die im Stande wäre, Transaktionen etwa rückgängig zu machen, oder Konten bzw. “Wallets” einzufrieren. Was in unserem Bankensektor schon mehrfach praktiziert wurde (russische Oligarchen und kanadische LKW-Fahrer lassen grüßen), ist in einem auf Dezentralität beruhenden Blockchain-Netzwerk schlichtweg nicht möglich. Daher gelten Blockchain-Netzwerke, wie beispielsweise Bitcoin oder Ethereum bei ihren Nutzern als besonders vertrauenswürdig und sicher.

Blockchain besonders effizient bei internationalen Überweisungen

Auch in puncto Schnelligkeit und Effizienz setzt die Blockchain-Technologie sehr hohe Standards: Denn Transaktionen über die Blockchain können grundsätzlich in Echtzeit abgewickelt werden, da das Netzwerk nicht auf Intermediäre angewiesen ist. Ihre Effizienzvorteile zeigen sich vor allem bei Auslandsüberweisungen. Jeder der schon einmal versucht hat, Geld, beispielsweise von Deutschland nach Kambodscha oder in ein anderes Entwicklungsland zu schicken und dies über den klassischen Weg über das Bankensystem tat, dürfte schon einmal mit Verzögerungen oder hohen Gebühren konfrontiert gewesen sein. Ein wesentlicher Grund dafür ist das SWIFT-Netzwerk – einem Kommunikationsnetzwerk, welches in unserem Bankensystem standardmäßig für die Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungen verwendet wird. Es wurde in den 1970er Jahren gegründet und nutzt auch noch 50 Jahre später eine relativ veraltete Technologieinfrastruktur. Da im Abwicklungsprozess oft mehrere Banken beteiligt sind und Nachrichten durch verschiedene Zeitzonen und Protokolle gesendet werden müssen, die zudem größtenteils manuell bearbeitet werden müssen, kann dies zu erheblichen Verzögerungen führen. Hinzu kommt, dass jede Bank ihre eigenen internen Prozesse, Sicherheitsprüfungen und Compliance-Verfahren hat, was den Prozess zusätzlich verlangsamen kann. Durch die Beteiligung mehrerer Intermediärbanken fallen bei Auslandsüberweisungen oft hohe Gebühren an, die in der Regel auf die Kunden übertragen werden. Laut Weltbank kostete eine Auslandsüberweisung im Jahr 2021 zwischen den USA und El Salvador durchschnittlich stolze 6,3% an Gebühren. Bei Zahlungen über die Blockchain entstehen zwar auch Transaktionskosten, so genannte „gas fees“, durch den Wegfall der Intermediäre (z.B. Banken), liegen diese jedoch in der Regel deutlich unter dem bankenüblichen Niveau. Im direkten Vergleich erweisen sich Blockchain-basierte Lösungen hier als die deutlich bessere Alternative. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht verwunderlich, dass die Krypto-Adoption gerade in Entwicklungsländern am schnellsten voranschreitet.

Und nun kommen wir zu einem ganz entscheidenden Vorteil:

Digitale Werte lassen sich nur über die Blockchain verschicken

Während sich unser traditionelles Bankensystem ausschließlich auf die Transaktionen von FIAT-Währungen (Euro, Dollar, etc.) beschränkt, ermöglicht die Blockchain den Transfer von theoretisch allen Arten von Vermögenswerten bzw. deren digitalen Repräsentanten – und zwar weltweit über Ländergrenzen hinweg. Da die Transaktionen über das Internet (Web 3.0) laufen, dauert dies in der Regel kaum länger als die Zustellung einer E-Mail. Wer also zum Beispiel 100g Gold in digitaler Form verschicken möchte, dem bleibt praktisch gar keine andere Möglichkeit als dafür Blockchain-basierte Netzwerke zu nutzen. Die Blockchain hat hier also ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Perspektivisch könnte dies noch ganz neue Möglichkeiten für den internationalen Handel eröffnen.

Erhöhte Liquidität

Einer der größten Vorteile bei der Verwendung tokenisierter Vermögenswerte ist ihre erhöhte Liquidität. Besonders gut lässt sich das am Beispiel der Immobilien erklären: Immobilien gelten traditionell als vergleichsweise illiquide Vermögenswerte. Das bedeutet, dass es unter Umständen sehr lange dauern kann, bis sich ein passender Käufer findet. Dies gilt besonders für Objekte in weniger gefragten Lagen oder ländlichen Regionen, für großflächige Gewerbeimmobilien oder für Immobilien mit rechtlichen oder baulichen Einschränkungen. Mit der Möglichkeit Immobilien in kleinere Einheiten aufzuteilen und sie zu „tokenisieren“, können sie über dezentrale Handelsplattformen („secondary market“) schneller veräußert bzw in Euro oder beispielsweise auch in andere Assets wie Gold oder Silber umgewandelt werden. Die Tokenisierung erhöht damit die Liquidität des Marktes.

Für Anleger ergeben sich dadurch ganz neue Möglichkeiten: Anstatt wie oft üblich ein ganzes Eigenheim zu erwerben, können Anleger alternativ in „kleinere“ Eigentumsanteile mehrerer Immobilien investieren. Dadurch können Sie sich relativ einfach ein breit diversifiziertes, internationales Immobilienportfolio zusammenstellen und Klumpenrisiken, die sich beim Kauf einer einzigen Immobilie ergeben, reduzieren. Einige Plattformen bieten sogar an, die generierten Mieteinnahmen über die Integration von „Smart Contracts“ einmal pro Woche an die hinterlegten Wallets der Token-Inhaber auszuzahlen. Der erleichterte Zugang zum Immobilienmarkt eröffnet auch Kleinanlegern mit wenig Eigenkapital in Immobilien zu investieren und von potenziellen Wertsteigerungen und Mieteinnahmen zu profitieren.

Was für den Immobilienmarkt gilt, gilt natürlich genauso für andere (illiquide) Märkte: Denn wie bereits erwähnt, lassen sich theoretisch alle Arten von Vermögenswerten tokenisieren – darunter auch Kunstwerke, Start-ups, Oldtimer oder Whiskey-Flaschen. Dies eröffnet neuen Investorengruppen und Privatanlegern den Zugang zu bisher schwer zugänglichen oder illiquiden Vermögenswerten und ermöglicht eine breitere Diversifizierung von Investitionen. Dies fördert die finanzielle Inklusion und eröffnet neue Chancen für Einzelpersonen, ihr Vermögen zu vergrößern.

Vereinfachte und kostengünstigere Portfolio-Umschichtung für Anleger und Trader

Vermögenswerte, die zuvor tokenisert wurden, können über diverse dezentrale Kryptohandelsbörsen (DEX) jederzeit und unabhängig von Börsenöffnungszeiten gehandelt werden. Für Anleger ergibt sich dadurch der Vorteil, dass sie gerade in unruhigen Marktphasen, wie beispielsweise während eines Aktien-Crashs, schnell reagieren und ihre Vermögenswerte in andere, „stabilere“ Anlagen umschichten können. Tokeniserte Vermögenswerte können flexibler und schneller gehandelt werden, als eine ganze Reihe von Anlageprodukten aus dem traditionellen Finanzsystem (Stichwort: festverzinsliche Wertpapiere, geschlossene Fonds, Lebensversicherungen, etc.).

Inflationsschutz & geringere Abhängigkeit von staatlichem FIAT-Geld:

Unter der Prämisse, dass immer mehr Menschen tokenisierte Vermögenswerte für unterschiedliche Zwecke nutzen, würde perspektivisch ein neuer Währungswettbewerb entstehen. Das staatliche FIAT-Geld würde vermutlich aufgrund seines inflationären Charakters weniger stark nachgefragt werden, da sich mit dem Aufkommen neuer, teils privater Geldformen (in Form der tokeniserten Vermögenswerte) ganz neue, leicht zugängliche Alternativen im Geld-Markt herauskristallisieren. Mit Blick auf die hohen Inflationszahlen der letzten Jahre wäre sogar davon auszugehen, dass sich die einzelnen Marktteilnehmer tendenziell vom FIAT-Geld abwenden würden und ihr Portfolio zugunsten der limitieren (tokenisierten) Sachwerte ausrichten. Kurz: Sie werden vermutlich dasjenige Geld vorziehen, welches seine eigentliche Funktion als Tauschmittel, Recheneinheit und als Wertaufbewahrungsmittel am besten erfüllt. Dadurch können sich Anleger perspektivisch vor den Folgen eines Währungszusammenbruchs zumindest teilweise absichern. Eine sukzessive Abkehr vom FIAT-Geld könnte sich auch positiv auf die Geldpolitik der Zentralbanken auswirken. Um das Vertrauen zurückzugewinnen wären Zentralbanken dazu angehalten, eine verantwortungsvollere Geldpolitik zu machen und weniger verschwenderisch mit der Ressource „Geld“ umzugehen. Kurz: Die neuen Möglichkeiten im Bereich der Tokenisierung haben das Potenzial, unser bestehendes Geld,- und Finanzsystem für immer zu verändern. Die Tokenisierung könnte ein wichtiger Schritt, hin zu einem „freien Markt für Geld“ bedeuten – so wie einst vom Ökonomen Ludwig von Mises in seinem Werk “Die Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel” aus dem Jahr 1912 befürwortet.

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